Brandmauer halten: Für eine starke Demokratie
Was für viele Demokrat*innen bislang undenkbar war, ist vergangene Woche eingetreten: Die CDU/CSU hat sich in der Abstimmung zum Antrag der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik willentlich auf die Unterstützung der AfD verlassen – entgegen ihrer wiederholt betonten Linie, eine klare Abgrenzung nach rechts zu halten. Dieser bewusste Bruch ist mehr als ein taktisches Manöver. Er ist ein Angriff auf den demokratischen Konsens und ein Signal, das uns alle alarmieren muss.
Als Verein Demokratie & Dialog, der sich der Förderung demokratischer Haltung verpflichtet und junge Menschen in ihrer politischen Meinungsbildung begleitet, können wir hierzu nicht schweigen.
Wir tragen eine langfristige Verantwortung gegenüber denen, die das politische Erbe unserer heutigen Entscheidungen übernehmen werden. Was wir heute tolerieren, wird die Welt sein, in der junge Menschen morgen leben müssen. Wir sind ihnen gegenüber verpflichtet, eine Demokratie zu hinterlassen, die sich klar gegen Hass und Extremismus positioniert.
Die CDU/CSU und Friedrich Merz haben mit ihrer Entscheidung nicht nur eine rote Linie überschritten, sondern auch das Vertrauen in den parteiübergreifenden Grundkonsens gebrochen, der Rechtsextremismus eine klare Absage erteilt. Die “Brandmauer” ist mehr als ein symbolischer Begriff – sie ist ein Fundament, das demokratische Stabilität garantieren soll. Nun wurde dieses Fundament fahrlässig beschädigt.
Indem die CDU/CSU die AfD de facto als parlamentarischen Partner akzeptiert hat, legitimiert sie nicht nur deren Hetze gegen marginalisierte Gruppen, sondern trägt weiter dazu bei, extremistische Positionen salonfähig zu machen.
Dabei sollten wir nicht vergessen: Wir haben bereits in der Vergangenheit erfahren, was passieren kann, wenn extremistische und faschistische Positionen nicht konsequent zurückgewiesen werden. Gerade diese historische Erfahrung sollte unsere Parteien dazu anhalten, klare Grenzen zu ziehen und diese auch unter Druck zu verteidigen.
Die Normalisierung von extremistischen Positionen ist eine der größten Gefahren für jede Demokratie. Was heute als „einmaliger Dammbruch“ erscheint, könnte sich schon bald als neuer Standard etablieren. Wenn rechtsextreme Positionen im parlamentarischen Alltag Akzeptanz finden, wird es zunehmend schwieriger, diesen Einfluss wieder zurückzudrängen.
Wir sind entrüstet – aber auch entschlossen.
Demokratie lebt vom Widerspruch, vom Dialog und vom Engagement der Zivilgesellschaft. Es braucht jetzt klare und unmissverständliche Signale aller, dass solche Dammbrüche nicht zur neuen Normalität werden.
Wir rufen daher alle demokratischen Akteur*innen dazu auf, diesen Vorgang nicht stillschweigend hinzunehmen, sondern weiterhin laut und sichtbar für unsere Demokratie einzustehen!
Wir appellieren an die demokratischen Parteien, ihren Grundsätzen treu zu bleiben und gemeinsam gegen jegliche Form von Kooperation mit der AfD einzutreten. Wer in diesen Zeiten nicht klar Position bezieht, wird mitverantwortlich sein für eine Gesellschaft, die von rechten Narrativen geleitet wird.
Die CDU/CSU muss sich fragen, ob sie wirklich bereit ist, für kurzfristige politische und wahlkampftaktische Manöver ihre moralische Integrität zu opfern.
Demokratie & Dialog steht weiterhin an der Seite aller, die sich für ein demokratisches, offenes und solidarisches Miteinander einsetzen.
Denn Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit – sie ist ein ständiger Kampf um Werte und Prinzipien. Es liegt an uns allen, diesen Kampf mit Entschlossenheit und Weitblick zu führen. Wenn wir diese Brandmauer heute aufweichen, könnte sie morgen nicht mehr zu halten sein – und mit ihr auch die Zukunft nachfolgender Generationen auf dem Spiel stehen.
Lassen wir nicht zu, dass die Brandmauer endgültig fällt.