Jeder dritte Freiwilligenplatz in Gefahr: Kahlschlag in den Freiwilligendiensten droht
Anfang Juli hat die Ampel Koalition den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 beschlossen. Darin enthalten: Eine angekündigte Kürzung der Fördermittel in Höhe von 78 Millionen Euro. Das heißt: Rund 25 Prozent weniger Geld und bedeutet den Wegfall von fast jedem vierten Freiwilligenplatz.
Während im Koalitionsvertrag noch die Rede von einer notwendigen Stärkung der Freiwilligendienste die Rede ist, könnte bis 2025 eine weitere Kürzung der Fördermittel um zusätzliche 35 Millionen Euro folgen. Darauf wurde sich in der Kabinettssitzung in Bezug auf die mittelfristige Finanzplanung des Bundes bis 2027 geeinigt.
Während auch wir als Träger auf Grund der Inflation mit steigenden Kosten konfrontiert sind, steigt die Betreuungsintensität für die Freiwilligen. Die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine resultierende Inflation sorgt für Kostensteigerungen allen voran bei Personal, aber auch bei Seminaren (Bildungshäusern) und Energiekosten für Büroräume. Gleichzeitig nimmt die psychische Belastung junger Menschen zu, die es auch im Freiwilligendienst zu begleiten und aufzufangen gilt. In der Corona-Pandemie haben allen voran Kinder und Jugendliche unter den Einschränkungen gelitten. Wichtige soziale Kompetenzen sind dabei auf der Strecke geblieben.
Vor diesen Veränderungen der jüngeren Vergangenheit sind die Freiwilligendienste mit den aktuellen Fördersätzen bereits jetzt unzureichend ausgestattet. Eine Kürzung der Fördermittel hätte massive Einschnitte in die pädagogische Begleitung zur Folge: weniger individuelle Begleitung der Freiwilligen, weniger Unterstützung in persönlichen Krisensituationen und Beratung bei beruflichen und persönlichen Orientierungsfragen.
Junge Menschen sind bereit sich zu engagieren, dass zeigt auch der Erfolg der Petition #freiwilligendienststärken mit fast 100.000 Unterstützer*innen. Statt Scheindebatten über einen Pflichtdienst, die von einer abfälligen Perspektive auf junge Menschen geprägt ist, zu führen, gilt es eine Debatte darüber zu führen, wie die Rahmenbedingungen nachhaltig gestärkt und die Angebote für alle Menschen zugänglich und attraktiv gemacht werden können.
Freiwilligendienste: ein Gewinn hoch 3
Nicht nur die Freiwilligen und Einsatzstellen profitieren vom Einsatz von Freiwilligen, sondern auch wir als Gesellschaft.
Die Freiwilligen profitieren von den gesammelten Erfahrungen, erfahren Selbstwirksamkeit und Wertschätzung.
Die Einsatzstellen profitieren von den neuen Ideen und der Motivation der Freiwilligen. Häufig gewinnen sie die Freiwilligen als langfristig Engagierte und/oder spätere Fachkräfte.
Als Gesellschaft profitieren wir von einer Stärkung des Zusammenhalts und dem demokratischen Miteinander. Demokratisches Handeln setzt voraus, dass Demokratie als Lebens-, Staats- und Gesellschaftsform erfahrbar und Demokratielernen möglich ist. Freiwilligendienste, als außerschulischer Lernort, eignen sich hierfür durch die Bildungsseminare und die dort stattfindenden Meinungsbildungsprozesse. Zudem eröffnen Freiwilligendienste u.a. durch die Projektarbeit Räume, in denen eigenen Erfahrungen gesammelt werden können, und in Verbindung mit Reflexion die Selbstwirksamkeit gestärkt wird. Dies trägt zur Stärkung der Persönlichkeit bei und dazu, dass sie unsere Gesellschaft auf einem demokratischen Wertefundament mitgestalten.
Auch mit Blick auf den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gilt es die Freiwilligendienst zu stärken statt zu schwächen.
Noch ist der Bundeshaushalt nicht beschlossen, nach der Sommerpause beginnt die parlamentarische Beratung über den Haushalt 2024. Lasst uns die Bedeutung der Freiwilligendienste herausstellen und dazu beitragen, dass der Bundestag die von der Bundesregierung vorgesehene Mittelkürzung nicht akzeptiert.
Wir fordern das kritische Einschreiten des Bundestags in die Haushaltsplanung, eine sofortige Zurücknahme der geplanten Kürzungen und eine auskömmliche Ausstattung, um eine inklusive Öffnung der Freiwilligendienste zu schaffen.